Adaptive Project Thinking.
Ein ergänzender Ansatz der Constraint Mapping mit OODA-Loop verbindet
Vom klassischen zum adaptiven Projektdenken:
Das Projektmanagement hat sich in den letzten Jahrzehnten mehrfach neu erfunden. Auf das klassische Projektmanagement, das vor allem Planung, Kontrolle und Stabilität betonte, folgte das agile Projektmanagement, mit Fokus auf Flexibilität, Selbstorganisation und iteratives Lernen.
Doch in vielen komplexen Projekten stoßen beide Ansätze zunehmend an ihre Grenzen.
Systeme, in denen wir heute arbeiten, verändern sich oft so schnell und unvorhersehbar, dass sie sich nicht mehr allein durch Planung oder agile Routinen steuern lassen.
Was fehlt, ist eine dritte Ebene:
Ein Ansatz, der Struktur und Dynamik miteinander verbindet, der systemisch denkt und adaptiv handelt.
Genau hier setzt die Kombination aus Constraint Mapping und OODA-Loop an.
———————————————————————————————————————————————————————————-
Zwei Denkwerkzeuge aus unterschiedlichen Welten:
1) Constraint Mapping entstammt der Theory of Constraints von Eliyahu Goldratt auch bekannt als Engpasstheorie oder Durchsatz-Management. Sie besagt, dass der Durchsatz eines Systems immer durch einen begrenzenden Faktor - den Engpass oder englisch: constraint – bestimmt wird. Eine nachhaltige Steigerung des Durchsatzes ist daher nur möglich, wenn das Gesamtsystem ganzheitlich und vom Engpass ausgehend optimiert wird.
2) Der OODA-Loop stammt vom Militärstrategen John Boyd und beschreibt einen Entscheidungszyklus:
Observe – Orient – Decide – Act
Er wurde entwickelt, um in dynamischen und unsicheren Situationen mit größerer Klarheit und Anpassungsfähigkeit zu reagieren.. Heute wird OODA immer häufiger in Strategie, Führung und Innovationsprozessen eingesetzt, insbesondere in Umfeldern, die von ständiger Veränderung geprägt sind.
———————————————————————————————————————————————————————————--
Der neue Gedanke: Struktur trifft Dynamik:
Die Verbindung beider Ansätze ist kein weiteres Framework, sondern eine neue Art zu denken:
TOC (Constraint Mapping) hilft, zu erkennen wo gehandelt werden muss.
OODA hilft, zu verstehen wie gehandelt werden sollte und wann neu bewertet werden muss.
Das Ergebnis ist Adaptive Project Thinking:
Ein Denkrahmen, der systemische Klarheit mit situativer Anpassungsfähigkeit verbindet.
——————————————————————————————————————————————————————————-
Ein Praxisbeispiel
Ein Entwicklungsprojekt eines Steuergeräts in einem vernetzten Systemverbund geriet in Verzug, da ein Sensor nicht rechtzeitig geliefert wurde. Anstatt einfach „den Plan anzupassen“, wurde der Engpass bewusst sichtbar gemacht:
Observe: Lieferengpass identifiziert
Orient: Ursache: fehlendes Simulationsmodell des Sensors (kein virtuel. Ersatzmodell für Steuergerättestung verfügbar)
Decide: interne Entwicklung eines Simulationsmodell (Software-Dummy oder Mockup)
Act: Testphase konnte fortgeführt werden
Der Engpass verschwand nicht, aber er wurde verschoben:
Vom externen Lieferanten zu einer internen, kontrollierbaren Variable.
Das Projekt blieb im Fluss. So war der Engpass nicht nur die Lieferverzögerung, sondern vor allem das Fehlen eines alternativen Testmittels, also eines Simulationsmodells, das den Sensor virtuell ersetzt.
——————————————————————————————————————————————————————————-
Vom Framework zur Denkhaltung
In der Kombination entsteht keine neue Methode, sondern eine Führungshaltung für komplexe Systeme:
„Erkennen, was den Fluss limitiert und sich intelligent anpassen.“
——————————————————————————————————————————————————————————-
Schnelle Anwendung im Projektalltag
Adaptive Project Thinking braucht keine neue Methode, nur bewusste Fragen.
Selbst wenn nur wenig Zeit bleibt, lässt sich das Prinzip in jedem Meeting praktisch anwenden.
1️⃣ Beobachten (Observe):
„Was ist gerade unser größter Engpass?“
Nicht was nervt, sondern was den Fluss des Projekts wirklich begrenzt.
2️⃣ Orientieren (Orient):
„Warum besteht dieser Engpass – und was macht ihn beweglich oder starr?“
Kurz den Systemzusammenhang klären: Ist es Wissen, Material, Entscheidung, Priorität?
3️⃣ Entscheiden & Handeln (Decide & Act):
„Was wäre der kleinste Schritt, um Bewegung reinzubringen?“
Eine Entscheidung, ein Workaround, ein Experiment.
Diese drei Fragen reichen, ohne Folien, ohne Prozessänderung.
Mach das ein- bis zweimal pro Woche bewusst, und du bekommst ein Frühwarnsystem für systemische Blockaden, bevor sie eskalieren.
(Hinweis: Im Unterschied zum PDCA-Zyklus, der auf geplante Verbesserungen in stabilen Prozessen zielt,
setzt OODA × Constraint Mapping auf schnelle Orientierung und Handeln unter Unsicherheit – nicht Plan-Do, sondern Beobachten–Verstehen–Anpassen im Fluss.)
——————————————————————————————————————————————————————————-
Während klassisches PM Stabilität sucht
und agiles PM Veränderung ermöglicht,
zielt Adaptive Project Thinking auf stabile Beweglichkeit.
Adaptive Project Thinking bedeutet, die Aufmerksamkeit dorthin zu lenken, wo Bewegung entsteht,
nicht auf den Plan, sondern auf den Fluss.
Wer Engpässe erkennt und in Schleifen denkt, führt Projekte nicht nur zum Ziel, sondern durch Veränderung hindurch. So wird Projektmanagement wieder zu dem, was es im Kern ist: Ein lernendes System in Bewegung.